5. September 1791

Meyerbeer wird als Meyer Beer in Tasdorf/Vogelsdorf, dem heutigen Rüdersdorf bei Berlin geboren. Sein Vater Jacob Herz Beer (1769-1825) stammt aus Frankfurt an der Oder und war ein erfolgreicher Unternehmer und Bankier, die Mutter Amalie Beer (1767-1854) eine Tochter des Liepmann Meyer Wulff (1745-1812). Beide Familien zählten zum Reformflügel der Jüdischen Gemeinde. Im Elternhaus verkehren jüdische Aufklärer wie David Friedländer oder Aron Wolfssohn. Meyerbeer hat drei jüngere Brüder: Heinrich Beer (1794-1842), Wilhelm Beer (1797-1850) und Michael Beer (1800-1833).
1798
Aufnahme des Klavierunterrichts bei dem aus Böhmen stammenden Virtuosen und Komponisten Franz Seraphinus Lauska (1764-1825).
14. Oktober 1801
Meyerbeer debütiert in Berlin als Pianist mit Mozarts Klavierkonzert d-Moll, KV 466. Er ist der erste Jude, der in der Öffentlichkeit als Virtuose wahrgenommen wird. Er hat große Erfolge in öffentlichen Konzerten und begleitet seinen Lehrer Lauska auf Konzertreisen.
1803
Meyerbeer tritt in die Berliner Singakademie ein, singt bei zahlreichen Konzerten mit und erhält Kompositionsunterricht bei Carl Friedrich Zelter (1758-1832).
Spätestens 1805
Meyerbeer wird von Hauslehrern in Deutsch, Geschichte, Geographie, Mathematik, Philosophie und Französisch unterrichtet. Sein Erzieher und Radikalreformer Aron Wolfssohn (1756-1835) unterweist ihn in die Grundlagen der hebräischen Sprache.
1807
Beginn der Studien und des Kompositionsunterricht unter dem Königlichen Kapellmeister Bernhard Anselm Weber (1764-1821). Die musikalischen Ideale Meyerbeers sind Mozart und Gluck.
1. April 1810
Meyerbeer verlässt Berlin und begibt sich in die musikalische Schule Georg Joseph Voglers (1749-1814) in Darmstadt. Hier befreundet er sich mit Carl Maria von Weber (1786-1826). Meyerbeer wird Mitglied des von C. M. v. Weber gegündeten
Harmonischen Vereins. Gründungszweck: Gegenseitiger Lobbyismus.
8. Mai 1811
Erfolgreiche Uraufführung des Oratoriums
Gott und die Natur unter Bernhard Anselm Weber in Berlin. Meyerbeer reist dazu nicht nach Berlin. Sein Verhältnis zu der preußischen Hauptstadt ist, insgesamt gesehen, schwierig.
25. April 1812
Meyerbeer trifft in München ein, die Ausbildung bei Vogler ist beendet. Durch Empfehlungsbriefe wird er in die Münchner Gesellschaft eingeführt. Sein Klavierspiel erregt Bewunderung.
16. August 1812
Tod des geliebten Großvaters Meyer Wulff. In einem Kondolenzbrief an seine Mutter gibt ihr Meyer Beer ein
feierliches Versprechen, immer in der Religion zu leben,
in welcher er starb. Meyerbeer ist sich seiner jüdischen Herkunft, mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben, stets bewusst. Die antijüdischen Ressentiments sind allgegenwärtig.
23. Dezember 1812
Uraufführung der Oper
Jephtas Gelübde mit mäßigem Erfolg im Hof- und Nationaltheater zu München.
6. Januar 1813
Uraufführung des Lustspiels mit Gesang
Wirth und Gast oder Alimelek in Stuttgart. Das Textbuch ist nach einer Erzählung aus
Tausend und einer Nacht.
12. Februar 1813
Meyerbeer wird zum Hofkompositeur des Großherzogs von Hessen-Darmstadt ernannt. Ein Ehrentitel ohne Verpflichtungen.
12. März 1813
Ankunft in Wien. Es ist die Zeit des Wiener Kongresses. Begegnungen u. a. mit Antonio Salieri, Ignaz Moscheles, Louis Spohr. Meyerbeer glänzt in den Salons als virtuoser Pianist.
2. Januar 1814
Bei der Aufführung der bombastischen
Schlachtensymphonie von dem schon tauben Beethoven mitdirigiert, wirkt Meyerbeer an der großen Trommel mit. Entmutigt durch den schwachen Erfolg seiner deutschen Opern kommt es zu einer Schaffenskrise. Er ist unschlüssig, ob er eine Karriere als Klaviervirtuose oder Opernkomponist fortsetzen soll.
Dezember 1814
Meyerbeer reist zum ersten Mal nach Paris. Das Flair der Stadt überwältigt ihn.
30. November 1815
Meyerbeer reist mit seinem Bruder Wilhelm erstmals nach London. Bereits in Paris nimmt er englischen Sprachunterricht.
1816
Beginn der Reise durch Italien: Verona, Rom, Neapel, Venedig, Aquaro, Mailand … und Sizilien. Eine Bildungsreise mit viel Kultur. Meyerbeer sammelt Volksweisen und schreibt sie auf. Rossinis
Tancredi zieht ihn in den Bann.
April 1817
Im Musikverlag Peters in Leipzig erscheinen die
Hymne an Gott und die
Geistlichen Lieder von Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803)
19. Juli 1817
Inspiriert durch Rossini schreibt er seine erste italienische Oper
Romilda e Costanza. Das Libretto schreibt Gaetano Rossi (1774-1855). Die Rezensionen zur Uraufführung in Padua sind erfreulich für ihn.
3. Februar 1819
Uraufführung der Oper
Semiramide in Turin. Das bearbeitete Libretto geht auf Pietro Metastasio (1698-1782) zurück.
26. Juni 1819
Die Oper
Emma di Resburgo wird in Venedig am Teatro San Benedetto uraufgeführt. Das Libretto verfasst Gaetano Rossi.
Emma di Resburgo hinterlässt einen starken Eindruck und bringt ihm allgemeine Anerkennung in Italien ein.
10. Oktober 1819
Im ersten überlieferten Brief im perfekten Italienisch unterschreibt er erstmals mit
Giacomo Meyerbeer.
14. November 1820
Die Uraufführung der
Margherita d’Anjou in der Mailänder Scala wird zu einem glänzenden Erfolg. Librettist ist Felice Romani (1788-1865). In Dresden bringt C. M. v. Weber die
Oper auf die Bühne.
12. März 1822
Uraufführung der
L’Esule di Granata in Mailand. Felice Romani schreibt das Libretto. Die Oper hat keinen durchschlagenden Erfolg.
7. März 1824
In Venedig wird die Uraufführung der letzten italienischen Oper
Il Crociato in Egitto zu einem sensationellen Erfolg. Gaetano Rossi schreibt wiederum das Libretto. Ein Triumpf sondergleichen – Meyerbeer gehört fortan zur Spitze der europäischen Oper. Der Weg nach Paris, sein eigentliches Ziel, ist geebnet.
23. Februar 1825
Meyerbeer kehrt nach Paris zurück.
3. August 1824
Anlässlich der Einweihung des Konzertsaals in der Beer’schen Villa im Tiergarten kommt Meyerbeer auf eine kurze Stippvisite nach Berlin. Letzte Begegnung mit Carl Maria von Weber.
27. Oktober 1825
Meyerbeers Vater Jacob Herz Beer stirbt in Berlin. Meyerbeer nimmt an der Beerdigung nicht teil.
25. Mai 1826
Meyerbeer heiratet in Berlin seine Cousine Minna Mosson. Sie haben drei Töchter: Blanka (1830-1896), Cäcilie (1837-1931) und Cornelie (1842-1922).
1. Januar 1827
Beginn der Zusammenarbeit mit Eugène Scribe (1791-1861).
21. November 1831
Die Uraufführung von
Robert le Diable in Paris wird zu einem Triumph. Publikum und Kritiker sind begeistert von den opulenten Bühnenbildern und der grandiosen Musik. Das Libretto schreiben Eugène Scribe und Germain Delavigne (1790-1868).
19. Januar 1832
Meyerbeer wird als Mitglied der Akademie der Künste Paris Ritter der Ehrenlegion.
20. Juni 1832
Berliner Erstaufführung von
Robert le Diable. Der Berliner Kritiker Ludwig Rellstab (1799-1860) kanzelt ihn ab und meint,
den Componisten immer nur auf den bereits ausgetretenen Bahnen Rossinis, Aubers, Herolds und anderer zu finden. Am 11. August ernennt Friedrich Wilhelm III. Meyerbeer ehrenhalber zum Hofkapellmeister.
1. Mai 1833
Meyerbeer wird zum ordentlichen Mitglied der Preußischen Akademie der Künste gewählt.
29. Februar 1836
Weltweit beachtete Uraufführung der
Huguenots in Paris. Der Erfolg übertraf alle Erwartungen. Scribe schreibt das Libretto.
7. Juni 1840
Friedrich Wilhelm IV. besteigt den Preußischen Thron. Das kulturelle Klima ändert sich, so dass am 20. Mai 1842 endlich die Berliner Erstaufführung der
Hugenotten stattfinden kann. Zuvor schritt die Zensur ein. Grund: Meyerbeers Gebrauch des Luther-Chorals
Ein feste Burg ist unser Gott. Eine höhere Person, vermutlich Friedrich Wilhelm III., sagte sinngemäß, er gehe doch nicht in ein Oper, wo sich Protestanten und Katholiken die Köpfe einschlagen, und der Jude komponiere die Musik dazu.
August 1839
Erste persönliche Begegnung mit Richard Wagner im Badeort Boulogne-sur-Mer.
31. Mai 1842
Meyerbeer erhält durch Friedrich Wilhelm IV. den Orden Pour le mérite der Friedensklasse.
11. Juni 1842
Giacomo Meyerbeer wird zum Preußischen Generalmusikdirektor ernannt. Er ist für die Oper und die Hofmusik zuständig, später widmet er sich nur noch der Hofmusik.
28. Februar 1843
Im Königlichen Schloss zu Berlin findet die Uraufführung des Festspiels mit Lebenden Bildern
Das Hoffest von Ferrara statt, wozu Meyerbeer die Musik komponiert. Dazu finden sich mehr als 3000 Gäste in historischen Kostümen ein.
18. August 1843
Die Königliche Oper brennt bis auf die Grundmauern ab. Friedrich Wilhelm IV. befiehlt den sofortigen Wiederaufbau an und beauftragt Meyerbeer mit der Komposition einer Oper mit Szenen aus dem Leben Friedrich des Großen:
Das Feldlager in Schlesien. Für das Libretto kommt aus patriotischen Gründen nur ein deutscher Dichter in Frage. Meyerbeer lässt das Libretto inkognito von Scribe anfertigen, das anschließend von Ludwig Rellstab (1799-1860) ins Deutsche übersetzt wird. Rellstab wird zur Verschwiegenheit verpflichtet und von Meyerbeer fürstlich entlohnt.
7. Dezember 1844
Festliche Uraufführung des
Feldlagers in Schlesien im neu errichteten Opernhaus, das jetzt über 1800 Sitzplätze verfügt.
19. September 1846
Erfolgreiche Uraufführung des Schauspiels
Struensee von Michael Beer mit Musik Meyerbeers.
18. Februar 1847
Aufführung des umgearbeiteten Festspiels
Das Feldlager in Schlesien zur Oper
Vielka in Wien. Die schwedische Sängerin Jenny Lind singt die Ttelpartie.
16. April 1849
Uraufführung der Oper
Le Prophète in Paris. Das Libretto verfasst Eugène Scribe. Wie schon in
Les Huguenots steht auch hier der religiöse Extremismus und Fanatismus im Fokus der Handlung. Zum ersten Mal in der Geschichte der Oper kommt es zum Einsatz des elektrischen Lichtes. Die
Sonne des Propheten erregt höchstes Erstaunen. Die Kritikerwelt ist gespalten. Meyerbeer erhält von seinem Verleger die höchste Summe, die bis dato für eine Opernpartitur bezahlt wurde. Meyerbeer ist der meist gehasste Komponist des 19. Jahrhunderts.
28. April 1850
Erstaufführung des
Propheten in Berlin.
3. und 9. September 1850
In der
Neuen Zeitschrift für Musik erscheint das widerliche und menschenverachtende Pamphlet
Das Judenthum in der Musik, verfasst von einem gewissen K. Freigedank: die Juden sind zu keiner eigenen schöpferischen Inspiration fähig, sie können nur imitieren. Die Gedankenwelt des Brandstifters Freigedank wirken bis heute.
31. Mai 1851
Anlässlich der Einweihung des Denkmals für Friedrich den Großen von Christian Rauch wird die
Ode an Rauch uraufgeführt. Den Text schreibt August Kopisch (1799-1853).
Mai 1851
Meyerbeer wird Mitglied des Senats der Akademie der Künste Berlin.
8. Mai 1853
In Anwesenheit der Königlichen Familie und des belgischen Königs Leopold I. Uraufführung des 91. Psalms a cappella für zwei Chöre und Soli in der Friedenskirche im Park von Sanssouci, eine Auftragskomposition Friedrich Wilhelm IV. für den Domchor.
16. Februar 1854
Die Opéra comique
L’Étoile du Nord (Scribe) wird in Paris uraufgeführt.
4. April 1859
Uraufführung der Opéra comique
Le pardon de Ploërmel in Paris. Das Libretto verfassen Jules Barbier (1825-1901) und Michel Carré (1821-1871).
10. November 1859
Große Feierlichkeiten anlässlich des 100. Geburtstags Friedrich von Schillers im Cirque des Champs Elysées in Paris, der von der deutschen Exilgemeinde organisiert wird. Meyerbeer komponiert dafür einen
Festmarsch für Orchester und den Festgesang
Wohl bist du uns geboren für Orchester Chor und Soli, der Text stammt von Ludwig Pfau (1821-1894), der zu dieser Zeit als politischer Emigrant in Frankreich lebt.
21. Februar 1861
Krönung Wilhelms I. in Königsberg. Meyerbeer komponiert für diesen Anlass einen
Krönungsmarsch. Aus gesundheitlichen Gründen nimmt er nicht an den Feierlichkeiten teil.
20. April 1862
Letzte Reise nach London, wo die große Weltausstellung stattfindet. Meyerbeer komponiert zur offiziellen Eröffnung am 1. Mai 1862 eine Ouvertüre.
2. Mai 1864
Meyerbeer stirbt in Paris. Am 6. Mai wird der Leichnam nach einer bewegenden Trauerfeier in der Gard du Nord nach Berlin überführt. Meyerbeer bestimmte testamentarisch, in Berlin begraben zu werden. Am 8. Mai wird er unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Jüdischen Friedhof an der Schönhauser Alle im Familiengrab beigesetzt.
28. April 1865
Posthume Uraufführung der Oper
Vasca de Gama unter dem Titel
L’Africaine in Paris.
Bis
1918 waren Meyerbeers Werke integraler Bestandteil aller renommierten Opernbühnen.
1933-1945
Im Nazideutschland erklingt keine Musik Meyerbeers. Hasstiraden werden über ihn geschrieben. Widerlicher Höhepunkt: Karl Blessinger:
Judentum und Musik. Ein Beitrag zur Kultur- und Rassenpolitik (1944).
1958
Nach der verheerenden Zeit zwischen 1933-1945 ist endlich eine seriöse Beschäftigung mit dem Leben und Werk Meyerbeers möglich. Zwar lief die Sperrfrist zur Auswertung des Nachlasses bereits 1932 ab, doch da war es bekanntlich zu spät. Es ist dem großen Meyerbeer-Forscher Heinz Becker zu verdanken, dass den voreingenommenen Urteilen gegenüber der Musik Meyerbeers Einhalt geboten wurde. Beckers Publikation
Der Fall Heine-Meyerbeer. Neue Dokumente revidieren ein Geschichtsurteil ermöglichte erstmals einen objektiven Blick auf Meyerbeer. Ein Meilenstein der Meyerbeer-Rezeption.
1960
Der erste Band der
Briefwechsel und Tagebücher Giacomo Meyerbeers erscheint unter der Federführung Heinz Beckers. Ab dem fünften Band übernimmt Sabine Henze-Döhring diese Mammutarbeit. Der achte und vorerst letzte Band, der die letzten Lebensjahre umfasst, erscheint 2006. Wer sich mit der Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts beschäftigt, kommt an dieser Edition nicht wirklich vorbei. Die Briefwechsel und Tagebücher geben ein eindringliches Zeugnis seiner epochalen Wirkung.