Vortrag von Prof. Dr. Nepomuk Riva, im Rahmen unserer Vortragsreihe in der Villa Morgenroth.
Kirchenglocken gehören im Musiktheater zur Bühnenmusik und erhalten meist wenig Beachtung. Dabei bestimmten eine Vielzahl von Glockenklängen und -signalen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts das Alltagsleben in Europa und waren aus der Klanglandschaft von Städten und Dörfern nicht wegzudenken. Folglich haben sie auch in der Oper ihre Spuren hinterlassen.
Keinesfalls symbolisieren Glocken dort nur religiöse Gefühle oder christliche Moral. Gerade am Beispiel von Meyerbeers „Les Huguenots“ lässt sich zeigen, wie genau der Komponist mit den Funktionen von Glocken vertraut war und wie er durch ihren Einsatz die katholische Kirche in seinem Werk kritisieren wollte. Gleichzeitig wirkt sich der besondere Klang von Glocken auf die gesamte Partitur aus, so dass die Schläge bis in die Orchester- und Gesangsstimmen nachklingen und die Komposition mitbestimmen.
Der Versuch, Opern aus Sicht der Soundscape Studies zu untersuchen, soll dazu beitragen, den Einfluss der erlebten Klanglandschaften auf Opernpartituren nachzuweisen und die Bedeutung der Bühneninstrumente hervorzuheben. Er kann auch Hinweise für dramaturgische Entwicklungen geben, die sich allein aus dem Libretto nicht erkennen lassen.
Prof. Dr. Nepomuk Riva ist seit 2022 Vertretungsprofessor für Ethnomusikologie am Institut für Musikforschung der Universität Würzburg.