Mehr Meyerbeer

Sammlung T.K.

In der Tath, um Ihren Namen dreht sich die ganze Geschichte der Musik seit 10 Jahren, und bey jedem Musiker, den man jetzt zu besprechen hat, wird man unwillkürlich auf die Frage gerathen, in welchem Verhältniß er zu der Meyerbeerschen Musik gestellt ist oder sich gestellt hat.

Eindrucksvoller kann die epochale Stellung Meyerbeers im Kulturgeschichtsbild seiner Zeit kaum umrissen werden.

Mit den Worten Heinrich Heines heißen wir Sie herzlich willkommen zu den biographischen Skizzen Giacomo Meyerbeers!

Heinrich Heine richtete diese Zeilen am 24. Mai 1842 von Paris aus an Meyerbeer in Berlin. Über Heine, der im Exil in Frankreich lebte und über sein vielschichtiges Verhältnis zu Meyerbeer wird später mehr zu erfahren sein.

Einleitung

Eine ernsthafte wissenschaftliche Beschäftigung mit Meyerbeer war aus diversen Gründen erst nach dem verheerenden 2. Weltkrieg möglich. Unter den Nazis wurde seine Musik und anderer jüdischer Komponisten wie Jacques Fromental Halévy, Jacques Offenbach, Gustav Mahler, Erich Wolfgang Korngold oder Arnold Schönberg verfemt und regelrecht verbrannt. Die Beurteilung der Musik Meyerbeers leidet heute noch immer unter den irreparablen Schäden, die ihm ein Richard Wagner oder ein Robert Schumann durch ihre Schriften und Rezensionen zufügten.

U-Bahnhof Deutsche Oper Berlin. Photo T.K.

Ab 1960 wurden die Tagebücher und Briefwechsel Meyerbeers in hervorragenden wissenschaftlichen Ausgaben veröffentlicht, ein Mammutwerk, das erst 2006 mit dem 8. Band, der die letzten Lebensjahre von 1860 bis 1864 umfasst, vorerst abgeschlossen wurde. Fest steht: wer sich mit der Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts beschäftigt, kommt an dem Namen Meyerbeer nicht wirklich vorbei

Meyerbeer bestimmte testamentarisch, seine Aufzeichnungen seien nach seinem Ableben zu vernichten. In seinem Testament, welches er im Mai 1863 notariell aufsetzte, heißt es in § 18:

Es soll auch Niemandem ohne Ausnahme die Einsicht in diese Gedankenbücher, Kompositionen, und Tagebücher gestattet werden. Findet sich unter meinen Enkeln keine für musikalische Komposition geeignete Persönlichkeit, worüber die Beurtheilung allein meinen Testaments-Executoren zustehen soll, so sind diese Gedankenbücher, Compositionen und Tagebücher zu verbrennen.

Minna Meyerbeer setzte sich über diesen Willen hinweg. Aus heutiger Sicht mehr als nur ein Glücksfall. Die Tagebücher sind der Schlüssel zu Meyerbeers Leben und Werk und erzählen viel über seine Persönlichkeit, seine Anschauungen und Befindlichkeiten, seine Sorgen und Nöte. Minna Meyerbeer bringt es in einem Dankschreiben auf einen Kondolenzbrief des mit der Familie befreundeten Frankfurter Komponisten Wilhelm Speyer noch vor Ablauf des Trauerjahres auf den Punkt:

Ihre Zeilen haben mir glücklichere Tage vergegenwärtigt, die unwiederbringlich für mich dahingeschwunden sind. Ich freue mich darauf, Sie einmal wiederzusehen, mit Ihnen zu plaudern und Ihnen zu erzählen, wie sich die ganze Wesenheit meines unvergeßlichen Mannes durch alles, was wir in seinen Tagebüchern und all den schriftlichen Aufzeichnungen gefunden, selbst für mich erst in ihrer edlen, gütigen und innerlichen Weise herausgestellt hat. Wir haben ihn alle nicht richtig erkannt.

Beginnen wir nun mit unseren biographischen Skizzen durch Raum und Zeit.

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Giacomo Meyerbeer lebte von 1791 bis 1864. In seine Lebensspanne fallen die epochalen Auswirkungen der Französischen Revolution, die Niederlage Preußens und die Besetzung Berlins durch die Franzosen, die Reform des preußischen Staates unter Heinrich Friedrich Freiherr vom und zum Stein und Karl August von Hardenberg, die jüdische Emanzipation zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die sogenannten Befreiungsskriege, der Wiener Kongress mit der Restauration der alten Herrschaftsverhältnisse, die Zensur unter Klemens Wenzel Lothar von Metternich, die Immigration politischer „Querköpfe“ nach Frankreich, wozu zum Beispiel Heinrich Heine oder Ludwig Börne zählten, die Julirevolution von 1830 in Paris, die gescheiterten Revolutionen von 1848 in Frankreich und Deutschland, der Staatsstreich und die Diktatur unter Napoléon III., der Krimkrieg von 1853, der Beginn der Industrialisierung und den Bau der Eisenbahnen, Spekulationsblasen an den Börsen, eine zunehmende Massenverelendung, Hungersnöte durch Missernten, und immer wieder Ausbrüche der Cholera. Nicht zu vergessen sei der Beginn der Vollendung des Kölner Domes. Der Traum nach dem Mittelalter mittels der Impulse der Romantiker beförderte die Sehnsucht nach einem deutschen Nationalstaat. Während Meyerbeers Lebenszeit saßen vier Könige auf dem Preußischen Thron: Friedrich Wilhelm II., III., IV. und Wilhelm I.

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Die Persönlichkeiten mit Verbindungen zu Meyerbeer gehören zu den Who is Who des 19. Jahrhunderts. Carl Maria von Weber, Jenny Lind, Louis Spohr, Pauline Viardot-Garcia, Jacques Offenbach, Ludwig Börne, Friedrich Wilhelm IV., Felix Mendelssohn Bartholdy, Bettine von Arnim, Friedrich von Flotow, Napoléon III., Henriette Sontag, Alexander Mendelssohn, Michael Glinka, Ludwig van Beethoven, Adolphe Sax, Ferdinand Hiller, Alexander von Humboldt, Charlotte Birch-Pfeiffer, Albert Lortzing, Franz Liszt, Georges Sand, Berthold Auerbach, Alexandre Dumas, Franz von Suppé, Héctor Berlioz, Ignaz Moscheles, Friedrich Wilhelm III., Queen Victoria und Prince Albert, Fanny Lewald, Wilhelm I., Friedrich Kalkbrenner, Fürst Pückler, Ferdinand Lassalle, Robert Schumann, Eugène Scribe, Gasparo Spontini, Otto Nicolai, Gioachino Rossini, Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach, Honoré de Balzac, Heinrich Heine, Cosima von Bülow, Giuseppe Verdi, Wilhelmine Schröder-Devrient, Frédéric Chopin, Fanny Hensel, Adolphe Nourrit, Richard Wagner. Meyerbeer kannte sie alle.

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Die Vorfahren Giacomo Meyerbeers zählten mütterlich- und väterlicherseits zu jenen 50 reichen jüdischen Familien, die sich nach der Vertreibung der Juden aus Wien durch Kaiser Leopold I. im Jahr 1671 in Berlin niederlassen konnten. Am 21. Mai 1671 gewährte Kurfürst Friedrich Wilhelm in einem Edikt diesen Familien Asyl in Brandenburg und Berlin. Am 12. und 14. September wurden den ersten Familienkreisen das Recht eingeräumt, sich in Berlin niederzulassen. Freilich geschah dies nicht aus purer Menschenfreundlichkeit. Da es sich bei den Vertriebenen in der Regel um gut ausgebildete und vermögende Juden handelte, die über internationale Geschäftsbeziehungen verfügten, versuchte Friedrich Wilhelm, dieses „Humankapital“ zur Ankurbelung der Wirtschaft des Landes zu benutzen, das nach den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges am Boden lag. Für den „Schutz“ durch die Obrigkeit mussten erkleckliche Summen bezahlt werden. Erst nach dem Tode Friedrich II. wurde der entwürdigende Leibzoll abgeschaft, wo die Juden wie Vieh taxiert wurden. Der Jüdischen Gemeinde zu Berlin war es zunächst verboten, eine Synagoge zu errichten. In der Folge wurden Gottesdienste in Privaträumen eingerichtet. Der Hoffaktor Jost Liebmann, ein Vorfahre Meyerbeers, erhielt 1684 das Privileg, in seinem Haus eine Privatsynagoge einzurichten. Aus dem Nachlass Meyerbeers ist uns ein Torah-Vorhang erhalten, der vermutlich von seinem Großvater Liepmann Meyer Wulff stammt.

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Meyerbeers Vater und Großvater setzten sich nachhaltig für die jüdische Gleichberechtigung ein. Berlin war das Zentrum der Jüdischen Aufklärung in Deutschland. Im Hause Beer verkehrten Aufklärer wie David Friedländer, Aron Wolfssohn, Israel Jacobson und Eduard Kley. Zeitlebens war sich Meyerbeer seiner jüdischen Abstammung immer bewusst, und er ertrug diese schwere Bürde mit Würde, Stolz und letztlich mit resignierter Gelassenheit.

5. September 1791

Amalie Meyer Wulff (1767-1854) heiratete am 4. September 1788 in Berlin den aus Frankfurt an der Oder stammenden Jacob Herz Beer (1769-1825). Erst ein Jahr später, am 24. November 1789 genehmigten ihnen die preußischen Behörden das Aufenthaltsrecht in Berlin.

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Am 5. September 1791 machte sich die hochschwangere Amalie Beer auf den Weg nach Frankfurt a. d. Oder, wo die Niederkunft im Hause der Schwiegereltern vorbereitet war. Unterwegs setzten starke Wehen ein, und so geschah es, dass das erste Kind des glücklichen Paares, ein Junge, in einer Poststation in Vogelsdorf-Tasdorf (dem heutigen Rüdersdorf bei Berlin) das Licht der Welt erblickte.

Reste der Geburtsstätte in Vogelsdorf, Gemälde von Bernd W. Kliche

Auf dem Areal wurde später ein Gasthaus erbaut. Heute ist das Gebäude dem Erdboden gleichgemacht. Von der Erinnerung an die Geburtsstätte Meyerbeers ist bis auf eine Gedenktafel nichts geblieben, davon existiert nur eine Photographie, das Original ist in den Wirren nach 1989 auf der Strecke geblieben.

Nomen est omen

In Lexika und im weltweiten Netz tauchen immer wieder falsche Angaben bezüglich des Geburtsnamens Meyerbeers auf. In den Judenbürger-Büchern der Stadt Berlin ist für das Jahr 1819 (Meyerbeer hielt sich zu dieser Zeit in Venedig auf) Folgendes amtlich eingetragen:

Beer, Jacob Meyer, Tonkünstler, Venedig – Spandauer Str. 72, geboren Berlin, 27 Jahre (5. 9. 1791) als Meyer, Sohn des Juda Herz Beer Frankfurt, musste als Eigentümer des Hauses Königstr. 31 das Bürgerrecht gewinnen, wurde bei der Vereidigung von seinem Vater vertreten, unterschrieb aber die Eidesformel selbst mit Jacob Meyerbeer, erhielt die behördliche Erlaubnis zur Führung dieses Familiennamens am 3. Januar 1822 und die Befugnis zur Führung des Vornamens Jacob – statt des ihm eigentlich zukommenden Vornamens Meyer – am 19. Mai 1826, nannte sich später Giacomo Meyerbeer.

Meyerbeers jugendlicher Rufname war Meyer, ein typisch jüdischer Vorname.

Die Kindheit

Über die ersten Lebensjahre Meyerbeers wissen wir nur wenig. Er wurde von Privatlehrern in Geographie, Geschichte, Deutsch, Französisch, Mathematik und Philosophie unterrichtet und hatte Kenntnisse in Latein und Griechisch. Meyerbeer erhielt eine humanistische und wissenschaftliche Ausbildung. Sein Erzieher und Vertrauter war Aron Wolfssohn, ein Breslauer Gelehrter und Mitarbeiter Moses Mendelssohns. Wolfssohn führte ihn in die Grundlagen der hebräischen Sprache ein.

Im Hause Beer hatte die Musik einen hohen Stellenwert. Im Salon Amalie Beers versammelten sich hauptsächlich Künstlerinnen und Künstler der Bühne und des Konzertsaals. Durchreisende Künstler wie Louis Spohr, Muzio Clementi, Ignaz Moscheles, Carl Maria von Weber, der Klarinettist Heinrich Joseph Baermann oder die berühmte Sängerin Angelica Catalani wurden stets im Hause Beer willkommen geheißen. Felix Eberty, ein Verwandter der Familie, schreibt in seinen Jugenderinnerungen eines alten Berliners:

Das Haus des alten Beerschen Ehepaares auf dem Exerzierplatz, jetzigem Königsplatz vor dem Brandenburger Tor in Berlin wurde durch die künstlerischen Verbindungen des ältesten und die gelehrten des zweiten Sohnes zum Sammelplatz für jede Art von Berühmtheiten aus nah und fern, die in Berlin erschienen. Der alte Beer übte eine glänzende Gastlichkeit. Seine und seiner Gattin wohlwollende Gesinnung und die stets gute Laune des Hausherrn, der nichts von dem prahlerischen Hochmut geldstolzer Kaufleute an sich hatte, bewirkte, dass jeder sich wohl fühlte, und man übersah in Anbetracht der schätzenswerten Eigenschaften sehr gern den Mangel an eigentlicher Bildung bei den Wirten, die in den Augen ihrer Gäste durch die große Hochachtung und Verehrung gehoben wurden, welche die trefflichen Söhne ihren Eltern bezeigten. Im ersten Drittel dieses Jahrhunderts konnte in ganz Berlin kein Haus in geselliger Beziehung mit dem Beerschen verglichen werden.

Etwa um das Jahr 1798 herum erhielt Meyerbeer seinen ersten Klavierunterricht bei dem aus Mähren stammenden Franz Lauska (1764-1825), der auch den Musikunterricht der Prinzessinnen und Prinzen am Preußischen Hof leitete. Meyerbeer lernte schnell wie zielstrebig, und Lauska brachte ihn soweit, dass am 14. Oktober 1801 der erste öffentliche Auftritt des Zehnjährigen über die Bühne ging, nachdem der früh Gereifte schon in privaten Aufführungen mit seinen pianistischen Fähigkeiten glänzen konnte. Nun wagte er sich an eines der bis heute beliebtesten Werke der Klavierliteratur heran: Mozarts Klavierkonzert d-Moll KV 466, eine wahrhaft immense Herausforderung!

Am 14. Oktober 1801 fanden zwei Konzerte in Berlin statt, die in der Allgemeinen musikalischen Zeitung vom 28. Oktober anonym rezensiert wurden. In der Petrikirche gab es ein Konzert der 1791 von Carl Friedrich Christian Fasch (1736-1800) gegründeten Sing-Akademie zu Berlin, die von dessen Nachfolger Carl Friedrich Zelter (1758-1832) geleitet wurde. Die Sing-Akademie zu Berlin, einer der ersten bürgerlichen Chöre überhaupt, pflegte den reinen a cappella Gesang und besonders die Bachschen Motetten. Der Rezensent schreibt:

Man gab Faschens berühmtes Miserere, einige Psalmen von Zelter u. dgl. vor einer Versammlung von mehr, als 2000 Personen, mit einer Genauigkeit, Sicherheit und Gleichheit im Vortrage so vieler Sängerinnen und Sänger, die immer neue Bewunderung erregt, obschon man sie von dieser Anstalt im voraus erwartet.

Am Abend sollte der Auftritt des jungen Meyer Beer im Konzertsaal des Herrn Patzig über die Bühne gehen. Seit etwa 1777 bemühte sich – weniger gelobt, aber nicht weniger beliebt – Herr Patzig um den künstlerischen Nachwuchs, und einmal im Monat fand ein Übungskonzert für angehende Tonkünstler statt. Sein Monaten hatte sich Meyerbeer auf diesen Augenblick vorbereitet, sich jeden der drei Sätze von Mozarts wohl romantischstem Klavierkonzert angeeignet und verinnerlicht. Durch die Größe des Werkes ließ er sich nicht einschüchtern. Mozart zählte neben Gluck zu Meyerbeers musikalischen Idealen. Eine große Herausforderung waren für ihn die Solokadenzen des ersten und dritten Satzes, denn Mozart hatte sie nicht auskomponiert. Also phantasierte Meyerbeer über die Themen der Sätze, was er natürlich akribisch vorbereitet hatte. Nichts durfte dem Zufall überlassen bleiben. Johannes Brahms, Clara Schumann, Ludwig van Beethoven oder Felix Mendelssohn Bartholdy und viele andere komponierten Kadenzen für dieses Konzert und schrieben sie auf. Meyerbeer behielt sie für sich.

Im ersten Teil des Konzerts am 14. Oktober trat der Violinist und Cellospieler Johann Martin Calmus auf (1770-1809), der seine Instrumente zwischen die Knie fasste und ob dieser Spieltechnik mitunter belächelt wurde.

Gestern gab der berühmte Violoncellist, Hr. Calmus, ein Konzert, und zugleich Beweise seiner grossen Fertigkeit, so wie seines ziemlich seltsamen Geschmaks. Das vortreffliche Klavierspiel des jungen Bähr, (eines Judenknaben von 9 Jahren) der die schwersten Passagen und andere Solosätze mit seiner Fertigkeit bezwingt und einen, in solchen Jahren noch seltnern feinen Vortrag hat, machte das Konzert noch interessanter.“

Meyerbeer in den Trümmern des Geburtsortes. In der Hand hält er die Noten des Mozartischen Klavierkonzerts. Gemälde von Bernd W. Kliche

Ein Judenknabe als virtuoser Interpret eines Mozartischen Klavierkonzertes? Das war neu und ließ aufhorchen. Auch in einer 1802 erschienenen Rezension, Meyerbeer avancierte inzwischen zum Shootingstar der Berliner Kulturszene, wird explizit auf seine jüdische Abstammung hingewiesen. Anonymus würdigte das treffliche Spiel auf dem Fortepiano des schon öfters genannten hoffnungsvollen kleinen jüdischen Virtuosen, Liebmann Bär.

In der Tat war Meyerbeer der erste jüdische Virtuose der neueren Zeit, der in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. Dass aus jüdischen und damit unebenbürtigen Kreisen ein künstlerisches Talent heran wuchs, sorgte für Erstaunen und auch eine gewisse Hellhörigkeit, denn gleich nachdem die ersten konkreten Vorschläge für die Integration der jüdischen Minorität in die nichtjüdische Gesellschaft von aufgeklärten preußischen Beamten befördert wurden, riefen diese Bemühungen auch die Judenhasser auf den Plan, die die Akkulturationsbestrebungen der Juden per se vehement bekämpften. Der inzwischen elfjährige Meyerbeer bekam dies im Zuge seines öffentlichen Debüts hautnah zu verspüren. Seine Eltern waren nach dem großen Erfolg ihres Sohnes natürlich sehr stolz und ließen ihn 1802 fast lebensgroß porträtieren. Das Bild wurde in der Akademie der Künste ausgestellt. Der als Judenhasser bekannte Kriegsrat Carl Wilhelm Friedrich Grattenauer wetterte vehement dagegen, mit dem Resultat, dass die Familie das Bildnis aus der Ausstellung nahm und es im Flur ihres Hauses in der Spandauer Str. 72 aufgehängt wurde. Heute ist das Gemälde im Musikinstrumentenmuseum in Berlin zu betrachten.

Wird fortgesetzt

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