Jephtas Gelübde

Die Komposition der ersten deutschen Oper Meyerbeers begann bereits im Mai 1811. Zu dieser Zeit hielt sich Meyerbeer in Darmstadt auf, wo er von Georg Joseph Vogler im Kontrapunkt, der musikalischen Analyse, dem vierstimmigen Satz und der Instrumentation unterrichtet wurde; es ist davon auszugehen, dass Vogler aktiv an der Entstehung dieser Oper beteiligt war. Das Libretto dieser biblischen Oper stammte von Aloys Wilhelm Schreiber (1761-1841), ein Professor der Ästhetik, Schriftsteller und Reisebuchautor. 1809 erschien sein viel beachtetes Lehrbuch der Aesthetik, das Meyerbeer vermutlich kannte. Schreiber verfasste auch den Text zu Meyerbeers Oratorium Gott und die Natur, das am 8. Mai 1811 von Meyerbeers letztem Lehrer in Berlin, dem Königlichen Kapellmeister Bernhard Anselm Weber (1764-1821), mit großem Erfolg zur Uraufführung gelangte.

Meyerbeer vollendete Jephtas Gelübde am 6. April 1812 in Würzburg mit der Instrumentierung der Oper.

Jephtas Gelübde bezieht sich inhaltlich auf den im Alten Testament bekannten tapferen Krieger Jephta (Richter 11, 30-40), ein Stoff, der u.a. von Händel vertont wurde. Jephtas Tochter bleibt im Alten Testament namenlos, erhält aber bei Schreiber/Meyerbeer den Namen Sulima. Die Uraufführung erfolgte am 23. Dezember 1812 in München. Die Rolle der Sulima sang Helene Harlass, die mit dem Klarinettisten Joseph Baermann liiert war. Für beide Künstler komponierte Meyerbeer 1816 die dramatische Kantate Gli amori di Teolinda.

Die Uraufführung von Jephtas Gelübde war kein durchschlagendes Erfolgserlebnis für den jungen Komponisten, und es fanden auch insgesamt nur zwei Aufführungen statt. Meyerbeer schreibt dazu in seinem Tagebuch:

Endlich am 23. Dezember (Mittwoche) ward meine Oper „Jephtas Gelübde“ zum ersten Male gegeben. Schon am 18. November waren die Proben angegangen. 3mal war die Oper auf & wieder von dem Repertoire gekommen. Vorsätzliche & zufällige Hindernisse aller Art traten in den Weg & noch am 20. war ich nicht sicher, dass die Oper am 23. sein würde. Angst, Verdruss & Ärger aller Art regneten diese 6 Wochen reichlich auf mich. Dafür wurde ich aber durch eine fast vollkommne Darstellung belohnt. Ausser dem Jephta (durch Lanius unter der Mittelmäßigkeit dargestellt) hatte ich Ursache mit jederman zufrieden zu sein. (…) Die Harlas übertraf sich selbst. (…) Sie wurde am Schlusse jubelnd hervorgerufen. Auch für Weichselbaum hatte ich eine neue Szene & eine Kavatine gemacht, welche letztere er besonders lieblich sang. Auch spielte er weniger hölzern als gewöhnlich. Balletmeister Crux hatte in der kurzen Zeit von 10 Tagen die vielen zur Handlung gehörigen Balletts ungemein zweckmässig & effektvoll arrangiert. Das Orchester war in allen grossen Morceaux d’Ensembles & bei allen Hauptcoups gigantisch vortrefflich. Im einzelnen war aber diese Vorstellung von ihrer Seite nicht zu den glatten zu rechnen. „Jephtas“ wird den 29. wiederholt, dann aber für einige Zeit weggelegt, weil die Harlas nach Wien geht.

(Quelle: Giacomo Meyerbeer, Briefwechsel und Tagebücher, Band 1, S.212)

Anmelden